Gestürzte Velofahrer, besorgte Eltern – der Unmut über die Pfosten beim Technopark ist gross. Jetzt will die Stadt die Lage mit einem Fussgängerstreifen beruhigen.

«Voll Rohr» sei ein Velofahrer im Dunkeln bei Regen in einen Pfosten gefahren, im Anhänger zwei Kinder. So schildert es ein Winterthurer Ende November im Stadtmelder. Ein anderer schreibt: «Ich habe einen Jungen reinfahren sehen.»
Gemeint ist die Strasse Zur Kesselschmiede im Sulzerareal. Dort hat die Stadt in den Herbstferien auf Höhe Technopark drei graue Poller installiert. Einige Eltern hatten sich zuvor bei der Leitung der Schule in der Lokstadt beschwert. Mit den Pfosten wollte die Stadt die Verkehrssicherheit für die Kindergärtler und Schulkinder verbessern.
In den Wochen darauf häuften sich aber offenbar die Beschwerden verärgerter Velofahrer. Zehn Rückmeldungen habe man erhalten, bestätigt Christoph Oetiker vom Tiefbauamt der Stadt Winterthur auf Anfrage. Bemängelt werde vor allem die Sichtbarkeit der Pfosten. Ausserdem seien ihm Kollisionen mitgeteilt worden – allerdings «alle ohne Verletzungsfolge».
Als wäre das nicht schon genug, weht der Stadt auch seitens besorgter Eltern weiterhin Kritik entgegen. Auch von ihnen hat das Tiefbauamt Post erhalten. Die Poller seien ihnen zu wenig. Deshalb verlangen sie weitere Massnahmen zum Schutz ihrer Kinder – unter anderem einen Fussgängerstreifen.
Eltern stören sich an Velofahrenden
Die umstrittenen Poller befinden sich auf Höhe Labüsch-Bar und Technopark, direkt neben der Einfahrt zur Baustelle für das Rocket-Hochhaus. Sie bilden auf der Seite ohne Trottoir eine Art Schutzbereich. Dieser soll vor allem Kindern ermöglichen, die Situation besser zu überschauen. Um den Verkehr an der Strasse Zur Kesselschmiede zusätzlich zu verlangsamen, hat die Stadt ausserdem zwei Blumenkisten auf Höhe Parkhaus platziert.

Trotz dieser Bemühungen sind laut Tiefbauamt in den letzten Wochen 25 Meldungen bezüglich Schulwegsicherheit eingegangen. In einer Sammelmail fordern Eltern explizit einen Fussgängerstreifen.
Gegenüber den Medien wollen sich die Initiantinnen nicht äussern. Die «aktuell positive Kommunikationssituation» mit der Stadt solle nicht gefährdet werden. Laut Tiefbauamt stören sich viele vor allem an Velofahrenden, die an der diskutierten Stelle nicht anhalten. Für ihre Kinder sei es deshalb schwierig, die Strasse zu überqueren.
Verwirrende Verkehrsregelung
Auch für Kurt Egli, Geschäftsleiter von Pro Velo Winterthur, ist die Situation bei der Strasse Zur Kesselschmiede problematisch.
Für die meisten Verkehrsteilnehmenden seien die Regeln in einer Begegnungszone nämlich unbekannt: Es gilt Tempo 20, und wer zu Fuss unterwegs ist, hat immer Vortritt.
Totale Verwirrung herrsche aber, wenn eine solche fussgängerfreundliche Zone aus einem Trottoir und einer Fahrbahn bestehe wie beim Technopark. «Ein Trottoir und eine Begegnungszone passen einfach nicht zusammen.»
Für Egli ist deshalb klar: «Beim Technopark gehört vor allem zum Schutz der Schulkinder ein Fussgängerstreifen hin.» Das gebe den Velofahrenden ein deutliches Signal: «Wenn du jetzt nicht anhältst, bist du im Unrecht.» Ausserdem treffen die Kinder laut Egli dann eine Verkehrssituation an, die sie kennen: Rad steht, Kind geht.
Stadt prüft Fussgängerstreifen
Die Stadt will – nicht zuletzt wegen des Unmuts der Eltern – die Installation eines Fussgängerstreifens beim Technopark prüfen.
Käme es tatsächlich dazu, müsste die Begegnungszone aus rechtlichen Gründen leicht verschoben werden – Fussgängerstreifen sind in Begegnungszonen nicht erlaubt. Die Planung brauche deshalb etwas Zeit, schreibt das Tiefbauamt.
Ausserdem können die Markierungsarbeiten, also gewissermassen das Aufmalen der Streifen, laut Strassenraumleiter Oetiker nur bei trockener Witterung und bei wärmeren Temperaturen durchgeführt werden. Er schätzt, dass das Projekt frühestens im Frühjahr 2024 realisiert werden könnte.
Zu den Pollern schreibt er: «Die Situation hat sich verbessert, ist aber sicher noch nicht optimal.» Die Stadt prüfe daher weitere Massnahmen, um die Verkehrssicherheit für die Kindergärtler und Schulkinder zu verbessern.
«Pflästerlipolitik» an den Pollern
Bereits reagiert hat das Tiefbauamt auf die Beschwerden der erzürnten Velofahrerinnen und Velofahrer. An den beiden äusseren Pollern wurden zusätzliche Reflektorenbänder angebracht. Weitere Massnahmen seien denkbar.
Für Kurt Egli von Pro Velo Winterthur ist das «Pflästerlipolitik». Fakt sei, dass solche Poller bei schlechter Witterung oft übersehen würden. «Velofahrer erwarten in der Regel kein Hindernis auf der Strasse.» Selbst wenn die Stadt den ganzen Poller von oben bis unten mit Reflektoren ausstatte – es würden immer noch ein paar Velofahrende mit den Pfosten kollidieren, ist Egli überzeugt.
Er sagt deshalb: «Beim Technopark ist wohl erst Ruhe, wenn der Fussgängerstreifen installiert und die Poller entfernt sind.» Pro Velo begrüsse es, wenn die Stadt die Massnahme möglichst schnell prüfe und umsetze. «Das ist das Beste für alle Verkehrsteilnehmenden.»